“Genau. Eine App, die Menschen mit Hüftarthrose dabei hilft, ihr Krankheitsbild zu verstehen, zusammen mit Fachpersonal eine individuelle Therapie zu finden und den Nutzer:innen gleichzeitig eine aktive Rolle zuspricht.”
Ungefähr so lauteten unsere ersten Informationen zu alley, ein digitales Medizinprodukt, komplettes Neuland! Und das ist unser Stichwort: das Einarbeiten in einen uns unbekannten komplexen Themenbereich und große Lust eine für uns neue diverse Zielgruppe zu entdecken. Eigentlich waren wir zunächst “nur” als UX Designer engagiert, wenige Monate später war dann das halbe Railsove Team involviert: Produkt, Design, Entwicklung, Marketing. Bei alley konnten wir unser gesamtes Verständnis über digitale Geschäftsmodelle einbringen, ich führte ein Doppelleben und wir fanden uns als Teil eines gemeinschaftlichen, großen Teams wieder.
Interdisziplinäre Teams als Bewegungsapparat
Ein Produkt soll möglichst schnell und effizient vorangetrieben werden – doch welche Vorausetzungen muss ein interdisziplinäres Teams gemeinsam haben, um ans Ziel zu kommen?
Es braucht Menschen, die Lust haben sich zu verändern, voneinander zu lernen, und Neugier für die anderen Skill- und Mindsets im Team. Dies ebnet den Weg für eine gemeinsame Sprache und Kooperation auf Augenhöhe. Bei alley schafften wir alle es genau diese Rahmen zu entwicklen und aufrecht zu erhalten: Unser Team bestehend aus Mediziner:innen, Unternehmensberater:innen, Produktexpert:innen, Dienstleistern wie uns.
Wege zu einer Expertise waren somit kurz, jeder hatte Lust das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu erkunden. Unser Vorgehen: Die Bildung verschiedener Experten-Teams, in denen wir unser Wissen aufbauen konnten. Wir waren zunächst Teil des Produkt-Teams, dass am Anfang gemeinsam mit dem Venture-Development-Team ein recht großes Produkt-Team gebildet hat. Gemeinsam haben wir erste Research-Arbeiten durchgeführt, um das Produkt zu definieren. Welche Basis wurde bereits geschaffen? Was musste hinterfragt werden? Wo galt es tiefer einzutauchen und wie funktioniert eigentlich der Gesundheitsmarkt? Wem helfen wir hier wie und warum? Somit ergab es nur Sinn, dass wir Pitches für die Investoren des Projektes mit vorbereiteten, ebenso wie Interviews, die wir mit Ärzt:innen und Patient:innen führten. Wir konnten uns schnell anpassen und waren froh, dass uns eine Sache von Beginn an vertraut war, und sich nachhaltig im Projekt integrieren ließ: die Zusammenarbeit mit alley als jungem Startup. In den vergangenen 15 Monaten ist so ein intensiver Austausch über Arbeitskultur und Projektmanagement entstanden, der die Synergien im Team zusätzlich auf verschiedenste Art gestärkt hat. All das half uns bei der Erreichung unseres Ziels, eine ganzheitliche Erfahrung bieten zu wollen und ein Value Based Healthcare Produkt zu betreiben, das Disruption auf dem Markt hervorrufen soll.
Arthrose, App & Alltag. Von der Arbeit mit Patient:innen.
Eine unserer ersten Aufgaben bestand darin die komplette Patient:innen-Reise vom Schmerz bis hin zur Reha zu verstehen sowie Probleme und Ziele aller Beteiligten zu definieren – und das geht weit über medizinische Kenntnisse zu Arthrose-Erkrankungen hinaus.
Behandlungswege, Prävention, Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen – alley soll ein digitaler Alltagsbegleiter sein und aus unserer Digitalagentur-Sicht auch eine App, die der älteren Generation Lust macht, digitale Anwendungen für sich zu entdecken und Hemmschwellen abzubauen.
Die Konzepte der digitalen Landschaft und die mentalen Modelle, mit denen diese Zielgruppe vertraut ist, kannten wir noch nicht. Eine gute Gelegenheit Neues zu lernen und nachhaltig Wissen zu verankern! Arthrose sagte uns allen zumindest etwas, es ist schmerzhaft und weit verbreitet. Um eine Patient:innen-relevante App zu kreieren, stellten wir mehrere Informationsquellen im Research-Prozess zusammen, um erste wichtige Daten und Erkenntnisse zu gewinnen und Menschen das Konzept von alley und den Mehrwert für sie kommunizieren zu können:
- Gespräche mit Betroffenen. Kurzerhand standen uns Großeltern und andere Bekannte aus dem erweiterten Familienkreis für Interviews bereit.
- Arthrose-Gruppen bei Facebook – Wir haben sie genutzt, um Interviewpartner:innen zu finden, und um in den Interviews Lösungshypothesen für deren Probleme zu validieren.
- Teilnahme an Informationsveranstaltungen von Kliniken. Auch hier waren Patient:innen bereit mit uns über ihre Behandlung und in die Auswirkungen auf den Alltag zu sprechen.
Mit diesem Know-How konnten aus Problemhypothesen Lösungshypothesen formuliert werden, um dann Feature-Ideen zu generieren. Diese wurden erneut vertestet, indem wir u.a. eine eigene Informationsveranstaltungen für die Patient:innen organisiert haben. Der intensive Austausch über den gesamten Prozess hinweg bildete die Basis, um Tests zu erstellen und zu optimieren, Guidelines für Design und Entwicklung zu definieren, zu erfahren welche Funktionen im Kontext der App erwartet werden, welche überfordernd wirken und was den Zugang erleichtert.
Denn außer der gemeinsamen Diagnose hatten die Patient:innen völlig unterschiedliche Biografien. Schritt für Schritt ist so eine Informationsarchitektur entstanden, die der Anwendung eine positive, beruhigende Einstellung verleiht, sie auch zu einem emotionalen Begleiter macht und Selbstmanagement bei den User:innen fördert.
Eine interessante Einsicht übrigens, dass Software für ältere Generationen fast ausschließlich von jungen Menschen entwickelt wird. Trauen wir der Gruppe zu wenig zu? Mehr als 40% der über 65 jährigen in Deutschland nutzen Smartphones, es lohnt sich an dem Thema dran zu bleiben.* Für uns bedeutete das viel Recherche im Bereich Accessibility, definitiv ein Bereich, den wir in unserer Arbeit noch mehr in den Mittelpunkt stellen wollen.
Im Mittelpunkt stehen die Patient:innen
Seit einem Monat steht alley nun zum Download bereit, mit den gesammelten Daten der App können z.B. Kliniken den Krankheitsverlauf einsehen, bevor Patient:innen zu ihnen kommen. Dies ermöglicht eine schnelle und optimierte Kommunikation und stellt die wichtigste Frage in den Fokus: Was hilft den Menschen aufgrund ihrer Geschichte auf ihrem Weg wirklich weiter? Wir lieben diesen Ansatz! Proaktiv statt reaktiv bei der Gesundheitsfürsorge zu agieren, diese Patient:innen-gerecht zu gestalten und Probleme zu verhindern, bevor sie entstehen. Ziemlich viel, was von einer digitalen Lösung geleistet werden kann. Damit einher geht die Frage: Wo fängt das Produkt an und wo hört es auf? Wieviel Unterstützung ist nötig, was droht die App zu überladen und unattraktiv machen? Aus den Erkenntnissen können wir als verantwortungsbewusster und strategischer Partner ein digitales Angebot erstellen, mit dem alley Qualitätsbewusstein in den Behandlermarkt bringt.
Was bietet die Anwendung?
Menschen mit Hüft- und Kniearthrose durchlaufen zu Beginn ein Screening und es werden relevante Daten ermittelt, die die individuelle Krankheitshistorie und ihre aktuelle Position in ihrer Patient:innen-Reise erfassen.

Anschließend umfasst alley eine Vielzahl von Hilfestellungen, ganz im Sinne eines value based managed care Produkt:
- Medizinisches Wissen, um das Krankheitsbild zu verstehen
- Trainingsangebote, um präventiv agieren zu können
- Organisation von Arzterminen
- Unterstützung bei der Vorbereitung auf OPs
- Infos zu therapeutischen Maßnahmen
- Emotionale Begleitung durch Care Manager am Telefon
Am Ende steht eine Optimierung des Therapieverlaufs, die durch die genau dokumentierte Patientengeschichte angepasst werden kann.
Ein zweiter Baustein ist ein Dashboard für Leistungserbringer:innen auf dem Gesundheitsmarkt, z.B. ambulante Orthopäd:innen oder Ärzt:innen orthopädischer Kliniken. In den Gesprächen mit Patient:innen und behandelnden Ärzt:innen zeigte sich, dass der Informationsfluss bei der Entscheidung der weiteren Therapie eine große Rolle spielt. Und so entsteht der eigentlich Mehrwert der App – der dokumentierte, individuelle Verlauf der Arthrose kann für eine angepasste Therapie genutzt werden.
Es ist super spannend zu sehen, wie sich der mobile Health Bereich entwickelt. Zusammen mit dem alley Team freuen wir uns auf die noch versteckten Potenziale der Anwendung und die operativen Entscheidungen, die wir finden werden, um das Produkt durch die Decke gehen zu lassen.
Unsere Kooperation geht auch nach dem Launch der App weiter. Tim leitet derzeit die Entwicklung, Sabine und Jana sind im Design aktiv und entwickeln einen zukunftsfähigen Usability-Engineering-Prozess, der den Anforderungen der aktuellen Medizinprodukteverordnung Rechnung trägt. Ich forsche mit dem Venture Development Team weiter an Zukunftsthemen: Wir beobachten den Markt, die Produktentwicklung geht weiter, Features werden optimiert und neu gedacht.
Nach 2 Jahren kann ich sagen: Ich fühle mich als Teil von Railslove und als Teil von alley. Und genau das ergibt Sinn, denn es war nicht nur ein intensiver Einblick in ein neues Teritorium und in Arbeitsweisen, sondern auch das Loslassen und sich Einlassen auf ein breit aufgestelltes Team.
Story: Isa Solberg